Matthew Griffin
Deadline Architects, Berlin
Die dringende Frage, welche Stadt wir wollen, entscheidet sich in der Bodenpolitik. Wie sozial, wie vielfältig und wie offen sich die Stadt entwickelt, wird im starken Maße dadurch bestimmt, mit welchen Verfahren und mit welcher Zielsetzung Grundstücke vergeben werden. Kommunen setzen mit behutsamen Vergabeverfahren neue Maßstäbe für eine partizipative, sozialverträgliche und nachhaltige Stadtentwicklung. So können Bürger am Werden der Stadt teilhaben und Verantwortung für ihren Lebensort übernehmen. Behutsame Vergabeverfahren verhandeln öffentlich und transparent, welche Grundstücke von wem für welchen Zweck genutzt werden. Vergabeentscheidungen orientieren sich nicht am ökonomischen Erlös, sondern am gesellschaftlichen Wert der künftigen Nutzung und respektieren ökonomische Gegebenheiten der Bürger. Generell werden städtische Liegenschaften nicht verkauft, sondern ausschließlich verpachtet.
Zukunftssicherung Bauland. Zukunftssicherung für das Wohnen erfordert, dass auch künftige Generationen Zugang zu kommunalen Grundstücken haben. Städtisches Bauland ist eine knappe und endliche Ressource und muss behutsam und nachhaltig verwertet werden. In der Stadtentwicklung müssen Politik und Verwaltungen deshalb als Treuhänder künftiger Generationen agieren und nicht als kurzfristige Krisenmanager.
Vielfalt kultivieren. Ob ein Stadtquartier vielfältig in seinen Funktionen und seiner gesellschaftlichen Struktur ist, entscheidet sich im Vergabeverfahren. Baugemeinschaften, Baugenossenschaften und andere selbstorganisierte Wohnformen sind Ausdruck einer differenzierten Gesellschaft. Um diesen Artenreichtum zu kultivieren, muss die Kommune Bedingungen schaffen, die dies ermöglichen. So zukunftsweisend die gemeinschaftsorientierten Häuser sind, ergänzen sie lediglich das öffentliche Wohnangebot. Bezahlbaren Wohnraum in ausreichendem Umfang und dauerhaft zu schaffen, liegt nach wie vor in kommunaler Verantwortung.
Erbbaurecht als langfristige Sicherung des Wohnens in der Stadt. Kommunen stellen ihre Interessen wie die Interessen ihrer Bürger über Generationen sicher, wenn Grundstücke grundsätzlich im Erbbaurecht vergeben werden. Kommunaler Grund und Boden wird dann nicht verkauft, sondern für den Zeitraum von 99 Jahren an Bürger, Investoren oder lokale Initiativen verpachtet. Danach fällt das Verfügungsrecht zurück an die Stadt. Erbbaurecht wirkt Spekulationen mit dem Grundstückswert entgegen, sichert bezahlbaren Wohnraum und stabilisiert so die Lebenshaltungskosten. Der Stadt Amsterdam gehören 80 Prozent ihrer Bodenfläche, die im
Erbbaurecht an private Bauherren verpachtet wird. Bleibt die Stadt Eigentümerin des Grundstücks, ist ihr ein dauerhaftes und regelmäßiges Einkommen aus dem Pachtvertrag sicher. Dieses Einkommen übersteigt auf lange Sicht den kurzfristigen Gewinn eines einmaligen Verkaufs.
Einstiegshürden für Hausbau und Wohnungskauf senken. Vergabeprozesse sind nicht einseitig auf die Bedürfnisse professioneller und institutioneller Investoren auszurichten, sondern müssen den Einbezug breiter Schichten der Bevölkerung in städtische Entwicklungsprozesse erreichen. Wenn diese Prozesse die Anforderungen von Bürgern und kleinen Initiativen respektieren, lösen sie eine Welle urbaner Investitionen und Innovationen aus. Im Gegensatz zu einer Auktion basiert ein behutsames Vergabeverfahren auf einer langsamen, gesteuerten Übergabe von Pflichten und Rechten. Die Kommunen und Initiativen agieren als Partner, die gemeinsam das Ziel einer lebendigen und authentischen Stadtentwicklung verfolgen.
Workshops für die beste Nutzung. Oft erzeugt die Art der Nutzung eines Grundstücks einen größeren Wert für die Gemeinschaft als der Verkaufserlös. Gerade in schwierigen Stadtteilen können gemeinschaftsorientierte Nutzungsstrategien soziale Probleme entschärfen. Wenn Workshops an die Stelle von Auktionen treten, können lokale Bedürfnisse, Visionen und Werte in die Projektentwicklung einbezogen werden. Eine Entwicklung, die tief mit der Nachbarschaft verflochten ist, kann erfolgreicher sein als eine, die aus Top-Down-Entscheidungen resultiert.
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